Ein junger Student steht vor einem Hügel. Neben ihm befindet sich ein großer, runder Stein, indem Wörter eingemeißelt wurden. Er versteht weder wie er an diesen Hügel gekommen ist, noch, was es mit dem Stein auf sich hat. Ärgernis, Stress, Zeit, Mühe, Not, Wut, Unaufmerksamkeit, Faulheit und noch eine Menge weiterer Begriffe sind in den Stein eingemeißelt. Der Junge spürt das Bedürfnis den Stein ins Rollen zu bringen und versucht mit Mühe und Not den Stein bis zum Gipfel des Hügels zu rollen. „Der Stein ist nur mäßig schwer und genügend Kraft habe ich.“ Denkt er sich laut. Doch als er fast oben war, rutschte er aus und der Stein rollte den ganzen Weg wieder hinunter. „Diese Aussicht! Ein schöner Herbstwald mit bunten Blättern. Dazwischen ist ein Bach mit schneller Strömung, wodurch sich weiße Schaumkronen auf kleinen Wellen bilden, eine grüne Wiese und ein Sonnenaufgang, golden auf die Baumkronen leuchtend. Nach so einem Ausblick fühlt sich der junge Student wie der einzige Mensch auf dieser Welt. Klein und dennoch glücklich, frei und eins mit der Natur. Aber wieso möchte Ich den Stein wieder holen? Warum kann ich nicht ohne ihn diese Pracht genießen?“ sagt der junge Student und trotz all seinen Zweifeln und unbeantworteten Fragen lief er hinunter und versuchte es erneut. Doch auch beim zweiten Anlauf wollte der Stein nicht oben bleiben. Nun sieht er eine große Stadt. Die Sonne schlägt ihm auf die Stirn. Ein staubiger Wind versperrt ihm die Sicht und lässt die Stadt grau und braun erscheinen. Es fühlt sich an, als ob sich sein Magen von innen nach außen dreht und dennoch bringt ihn das Leuchten der Stadt zum Staunen. „Dieses Mal sollte ich es schaffen. Alle guten Dinge sind Drei“ lachte der Student mit einer dennoch zweifelhaften Stimme. Wie beinahe zu erwarten, plumpst der Stein kurz vor dem Gipfel auf seine Füße und rollt erneut den Berg hinunter. Frustriert, verzweifelt und ratlos dreht sich der Student zur Landschaft. Ein großer Wald mit einem Fluss, weit entfernt rauscht das Meer endlos. Ein paar Wolken lassen sich am Himmel erkennen zwischen der Mittagssonne und dem Sonnenuntergang. Die Schönheit dieser Aussicht bringt ein Lächeln auf sein Herz und zumindest für einen kurzen Augenblick sind alle Sorgen vergessen. Die Zeit verging und die Anzahl der versuche stiegen immer weiter. „Entweder meine Kraft wird immer weniger oder der Stein immer schwerer…doch das Ergebnis bleibt dasselbe. Ich kann ihn nicht am Gipfel behalten. Aber nach über hundert versuchen weiß ich genau, wieso ich es mache. Auch wenn ich nur für eine kurze Weile oben stehe, so sehe ich über den Hügel hinaus. Bei jedem Anstieg freue ich mich, welche Landschaft ich wohl als nächstes sehen werde. Jede ist einzigartig und keine wie die Andere. Wann immer ich es geschafft habe, habe ich das Gefühl, die Landschaft ist in der Zwischenzeit umso schöner geworden. Da ich diese Aussicht ohne den Stein nicht genießen kann, rolle ich ihn einfach weiter nach oben. Das macht mir nichts aus. Die Mühe ist es Wert für diesen einen unglaublichen Moment.“ Ihm kam es vor, als würden Jahre vergehen. Eine Sache ist ihm aber aufgefallen. Es kamen aus irgendeinem Grund immer mehr Wörter auf den Stein hinzu, ohne dass der junge Student diese extra einmeißelt. Kummer und Leid, Depressionen, Zwang und viele mehr. Eines haben sie wohl alle gemeinsam. Sie sind alle negativ und ein Ausdruck des menschlichen Leidens. Die Jahre vergingen, der junge Student wurde sichtlich älter und seine körperliche Verfassung ist wohl auch nicht mehr die beste. „Noch ein letztes Mal. Für die Aussicht“ schnaubte der Student in Schweiß gebadet. Doch bei jedem Mal merkte er, für immer wird es nicht gehen, was in traurig machte. Seine Beine geben immer öfter nach. Bei manchen versuchen kommt er nicht einmal mehr den Hügel hoch, sondern scheiterte bereits auf halber Strecke. Dann kam der Zeitpunkt, als der Student wirklich ein letztes Mal nach oben ging. Bereits auf dem schweren und langsamen Aufstieg fallen Tränen denn er wusste: „Gleich ist es so weit. Das ist wohl mein letzter Aufstieg. Ich bin in dem langen Zeitraum doch wirklich zu schwach geworden, um ihn noch öfter hochzutragen.“ Oben angekommen kullert der Stein auch schon wieder nach unten. Voller Tränen, Erschöpfung und Erleichterung setzt er sich hin. Die Beine können nicht mal mehr sein eigenes Gewicht tragen. Er blickt ein letztes Mal auf die Landschaft. Eine riesige Bergkette zieht sich bis in das Endlose. Weit entfernt, erkennt er ein Tal mit einem Fluss, welches sich bis in den Sonnenuntergang erstreckt. „Das ist die Mühe wert“, schnaubt der Student voller Erschöpfung. Die Sonne ist untergegangen und mit ihrem Verschwinden schloss der Student langsam seine Augen.
Alternatives Ende:
Voller Schreck schaut der Student kreischend um sich. Eine umgeschüttete Kaffeetasse und ein Stapel von Büchern neben ihm. „Ach du meine Güte! War das alles nur ein Traum? Oder doch eher neue Erkenntnisse für mich? Er blickt auf das zuletzt gelesene Blatt und er schmunzelt vor sich hin als er die Überschrift liest: SYSYPHOS
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